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Verlust

Verlust - was hilft bei der Überwindung?

Heute möchte ich ein Thema aufgreifen, das für mich besonders wichtig ist: Wie geht man mit Verlusten um (in diesem Artikel mit Verlust von Familienmitglieder) und was hat das mit Yoga zu tun?

Warum gerade das Thema Verlust und warum gerade jetzt? Ich habe in meinem Leben schon einige Menschen verloren: Freunde, Partner und … meinen Vater. Im April ist es 6 Jahre her, als mein geliebter Vater, mein bester Freund, mein Vorbild verstorben ist. Viel zu früh, viel zu schnell, viel zu tragisch. Diverse psychologische Bücher sagen, dass die Verarbeitung eines Verlusts bis zu 7 Jahren dauern kann. Durch Yoga habe ich gelernt vieles zu hinterfragen, u.a. auch diese Behauptung. Sind 7 Jahre wirklich ausreichend, sich von der verstorbenen Person zu lösen und wieder ein normales Leben zu führen? Warum gerade 7 Jahre? Gibt es einen Algorithmus oder eine Formel für die Berechnung dieser Zahl?

Ich kann nur aus meiner Erfahrung sprechen. Als ich erfuhr, dass mein Vater gestorben ist, ist für mich mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt worden. Ich kann es immer noch kaum in Worten fassen, wie mich diese Nachricht mitgenommen hat. Es waren nicht nur Schock, Angst und Wut, vielmehr hatte ich das Gefühl, ohne ihn nicht mehr atmen zu können. Ich habe mich wie ein Fisch gefühlt, der aus dem Wasser rausgeholt wurde und kurz davor ist zu ersticke. Dieses Gefühl wechselte mit Lichtgeschwindigkeit von unglaublicher Wut zu grenzenloser Angst.

Ich habe versucht, diese Zustände aus meinem Kopf, meiner Seele und Körper auszutreiben, indem ich unglaublich viel gearbeitet habe. Ich kam als erste ins Büro und ging als Letzte, nahm mir zusätzliche Arbeit mit nach Hause. Wenn ich Freizeit hatte, machte ich Sport… sehr harten Sport… Ich ging z.B. Laufen. Ich bin so schnell und so lang gerannt bis mir schlecht wurde, bis ich kaum noch atmen konnte. Und selbst dann holten mich diese Zustände noch ein. Ich konnte keine Ruhe und Ablenkung finden. Nirgendwo und mit Niemandem.

Verlust - Beginn der Verarbeitung

Yogilates-Blog
Meditation und Yoga

Doch dann kam ich auch durch meinen Verlust zum Yoga…. Zum wirklichen Yoga. Ich habe zu diesem Zeitpunkt Yoga schon praktiziert, aber nur auf der physischen bzw. körperlichen Ebene. Ich habe damals weder meditiert, noch Pranayama praktiziert. Yoga war für mich zu dieser Zeit wie Fitnesstraining. Und da ich zum damaligen Zeitpunkt aufgrund meiner Erlebnisse voller negativer Energie geladen war, versuchte ich diese Energie NUR auf körperlicher Ebene zu transformieren. Irgendwann verstand ich, so kann es nicht weitergehen. Der Körper hält diese Belastung nicht mehr aus.

Nach und nach begann ich erstmalig meine Ruhe zu finden. Ich habe mich GEZWUNGEN, nichts mehr zu unternehmen, sondern erstmal einfach alleine in Stille zu sitzen. Das ging erstmal überhaupt nicht! Mich überwältigten meine Emotionen, ich wusste nicht, wohin damit. Dann beschloss ich, erstmal meinen Kopf IN STILLE auf etwas anderes zu fokussierten: Ich begann zu lesen. Kein Fernsehen, keine Musik, keine Telefonate, kein Handy, kein PC… LESEN. Egal was. Wichtig war: in Stille, nur ich und das Buch. Sobald ich eine freie Minute hatte, las ich, und zwar so lange, bis ich spürte, dass ich mich auch körperlich beruhigte. Ich hatte dann keinen treibenden Zwang mehr, mich körperlich zu betätigen.

Nachdem das einigermaßen klappte, wagte ich den nächsten Schritt: Ich saß in Stille ohne Buch, mit geschlossenen Augen, versuchte ruhig zu atmen und meine Aufmerksamkeit nach Innen zu richten: Zu meinen Gefühlen (ich habe mich nur damit beschäftigt, was ich fühle und warum) und was machen diese Emotionen mit meinem Körper, mit meiner Seele und letztendlich mit meinem Leben?

Ich muss gestehen, es war ein langer und schwieriger Weg. Sobald ich begann, meine Emotionen in meinem Inneren erstmal nur zu nennen, war es mit der Ruhe für mich wieder vorbei. Ich konnte nicht mehr gelassen bleiben. Ich wollte schlicht und ergreifend nicht akzeptieren, dass mein Vater von uns gegangen war. Ich konnte IHN einfach nicht loslassen und mich von meinen negativen Gefühlen befreien. Ich hatte Angst, dass ich irgendwann Mal vergesse, wie er aussah und wie seine Stimme klang. Ich dachte, wenn ich ihn loslasse, lasse ich ihn automatisch aus meinen Erinnerungen und aus meinem Herzen gehen.

Erst mit der Zeit ist es mir gelungen wenigstens ein paar Minuten in Stille ruhig zu bleiben, ohne mich wieder der Wut in mir hinzugeben, ohne wieder kurz vor einem Tränenwasserfall zu sein. Ich konnte mich diese paar Minuten nur darauf konzentrieren, WAS ich fühlte und WARUM. Ich beschäftigte mich mit solchen Fragen, wie

„Kann ich meine Situation ändern?“

„Werde ich jemals in meinem Leben eine solche Person finden, wie mein Vater, dem ich blind vertrauen kann und den ich so grenzenlos lieben werde?“

„Werde ich meinen Vater wirklich jemals vergessen oder ist es nur eine übertriebene menschliche Reaktionen, die von Angst und Wut getrieben wird?“

„Wie kann ich wieder positive Emotionen in mein Leben reinlassen?“

Ich suchte nach Antworten; Antworten, die mich zufriedenstellen würden… Und ich habe diese Antworten nie gefunden.

Später war mir bewusst klar, dass bei all diesen Fragen nicht nach Antworten das wichtigste ist, sondern zu lernen mit diesen Fragen richtig umzugehen.  Mit viel Aufmerksamkeit beobachtete ich meine Gefühle und meine Gedanken. Ich versuchte nicht, sie umzuwandeln oder zu ändern. Ich habe sie nur beobachtet ohne sie oder mich selbst zu bewerten oder zu verurteilen.

Und nur aus der Beobachtung begann ich langsam meine Gedanken zu akzeptieren. Dabei haben mir eine ruhige Atmung und die Stille sehr geholfen. Ich verstand mit der Zeit und mit Beobachtung meiner inneren Gedanken und Gefühlen, dass mein Vater mich nie verlassen hat oder würde, er bleibt für immer bei mir. Er ist zwar nicht mehr physisch da, aber das, was er für mich war und geschaffen hat, bleibt für immer und ewig in mir. Ich habe mir als Anker genommen, dass er sich von oben um mich immer kümmert und mich hier auf der Erde immer beschützen und mir helfen wird.

Ich habe verstanden, dass ich mich von externen Faktoren und meinem eigenen Ego leiten ließ. Als Ergebnis war ich von meinen Wut- und Angstzuständen ausgefüllt. Ich habe mich nicht mehr auf MICH als menschlicher Körper konzentriert, sondern auf mein Wohlbefinden, auf mein Inneres.

Ich kann nicht sagen, dass ich mich nach 6 Jahren nie mehr traurig fühle oder meinen Vater nicht vermisse. Natürlich kommt es vor, aber ich habe gelernt mit solchen Zuständen und solchen Momenten umzugehen, ohne mir selbst einen körperlichen und/oder seelischen Schaden hinzuzufügen und/oder meine Umgebung mit diesen Zuständen auf negative Art und Weise zu beeinflussen.

Wie ich in meinen vorherigen Artikeln bereits erwähnt habe, Yoga ist nicht nur körperliche Kraftarbeit in Form von diversen Flows und Asanas. Yoga ist u.a. Selbstkontrolle, Disziplin, Atemkontrolle, Konzentration und Meditation.

Yoga ist die unendliche Welt des Unerkennbaren für jeden von uns.

Bleibt gesund, ihr Lieben

Namaste

Eure Julia

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